Autocomplete-Funktion von Amazon-Suche doch nicht rechtswidrig

Oberlandesgericht Köln

Urteil v. 12.08.2016 - Az.: 6 U 110/15

Leitsatz

Die Such­wort­ergän­zung (Autocomplete-Funktion) von Amazon ist keine Markenrechtsverletzung.

Anmerkung

Hinweis: Die Entscheidung wurde in der Revision durch den BGH (Urt. v. 15.02.2018 - Az.: I ZR 201/16) bestätigt.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24. Juni 2015 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln – 84 O 13/15 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Entscheidungsgründe

(anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gemäß § 540 Abs. 1 ZPO)

I.
Die Klägerin ist eine im Jahre 2013 gegründete und im lokalen Firmenbuch der Steiermark eingetragene österreichische Gesellschaft. Über die Webseite www.H-gesundheit.de vertreibt die Klägerin auch in Deutschland unter der Bezeichnung „H Gesundheitsmatte“ eine Fußreflexzonenmassagematte, deren Oberfläche wie ein Kieselstrand gestaltet ist (vgl. Anlage K 2, Bl. 20-21 d. A.). Die Matte wurde in der Schweiz entwickelt und gestaltet.

Die Beklagte ist eine Tochtergesellschaft des weltweit agierenden Handelshauses B. Sie betreibt die Webseite www.B.de, über die eigene Produkte des B-Konzerns sowie auf dem „N“ Produkte von Drittanbietern angeboten und abgewickelt werden. Die Klägerin steht mit dem B-Konzern in keiner vertraglichen Beziehung. Weder die Klägerin noch Unternehmen des B-Konzerns oder Dritte bieten die Gesundheitsmatte der Klägerin auf der Webseite www.B.de an.

Am 18. 8. 2014 stellte die Klägerin fest, dass bei Eingabe des Suchbegriffs „H“ beziehungsweise „H“ in die Suchmaske der Webseite www.B.de die nachfolgend wiedergegebenen Suchwortvorschläge angezeigt wurden:

Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik.

Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik.

(Anlage K 3, Ausschnitte)

Dies geschah über die sogenannte Autovervollständigen-Funktion auch bereits bei Eingabe der ersten Buchstaben wie „Hx“ oder „Hy“. Klickte man auf die solchermaßen angebotenen Suchwortvorschläge, wurde man auf der Webseite der Beklagten zu Angeboten geleitet, die mit dem Unternehmen der Klägerin oder der H Gesundheitsmatte nichts zu tun hatten. Vielmehr handelte es sich um Produkte, die dem Produkt der Klägerin vergleichbar sind, wie beispielsweise Akupressur- oder Entspannungsmatten (Anlage K 4, Bl. 25-28 d. A.): (...)

(Ausschnitte aus der Anlage K 4)

Die Klägerin hat in der Benutzung des Suchbegriffs „H“ beziehungsweise „H“ in den Suchwortvorschlägen in erster Linie eine Verletzung ihres Unternehmenskennzeichens, hilfsweise eine wettbewerbswidrige Irreführung der Verbraucher gesehen. Mit Schreiben vom 19. 8. 2014 hat sie die Beklagte wegen dieser Verstöße abgemahnt und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert (Anlage K 6, Bl. 31-32 d. A.). Mit der vorliegenden Klage hat sie Unterlassung, Auskunft sowie Ersatz der Abmahnkosten nach einem Streitwert von 30.000,00 EUR geltend gemacht.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

1. a) es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, Letztere hinsichtlich der Beklagten zu vollziehen an deren Geschäftsführer, zu unterlassen, das Zeichen „H“ im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit Suchwortvorschlägen zu benutzen, wenn dies geschieht wie im August 2014 auf der Webseite www.B.de mittels Kombination des Suchbegriffs „H“ bzw. „H“ mit den Suchwortvorschlägen

H matte

H gesundheitsmatte

H matte original aus der Schweiz

H-matte

H matte original

H-gesundheitsmatte

H fußreflexzonenmassagematte

H matte aus der Schweiz,

wie dargestellt in Anlage K 3;

hilfsweise,

b) es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, letztere hinsichtlich der Beklagten zu vollziehen an deren Geschäftsführer, zu unterlassen, auf der Webseite www.B.de im Rahmen der so genannten „Autocomplete-Funktion“ durch die ergänzenden Kombinationsbegriffe

H matte

H gesundheitsmatte

H matte original aus der Schweiz

H-matte

H matte original

H-gesundheitsmatte

H fußreflexzonenmassagematte

H matte aus der Schweiz,

zusätzlich zu dem Suchbegriff „H“ bzw. „H“ den Eindruck zu erwecken, Waren der Klägerin seien über die Webseite der Beklagten erhältlich,

wie geschehen im August 2014 (Anlage K 3);

2. der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, seit wann und in welchem Umfang auf der Webseite www.B.de Handlungen der in dem Antrag zu 1. bezeichneten Art begangen wurden, wie viele Nutzer ihrer Suchfunktion aufgrund dieser Handlungen zu (nicht von der Klägerin stammenden) Warenangeboten geleitet wurden, um welche Waren Angebote welches Anbieters zu welchem Preis es sich dabei genau handelte, und wie viele der Betroffenen Nutzer welche der solchermaßen angebotenen Waren tatsächlich zu welchem Preis gekauft haben;

3. an die Klägerin 1.358,86 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 30. 8. 2014 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält eine Kennzeichenrechtsverletzung nicht für gegeben. Die Bezeichnung „H“ sei bereits nicht schutzfähig. Sie benutze „H“ nicht kennzeichenmäßig, eine Verwechslungsgefahr sei nicht zu besorgen. Auch seien die Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten als Suchmaschinenbetreiberin nicht erfüllt. Die vorgeschlagenen Suchwortkombinationen würden auf einer Technologie basieren, die lediglich widerspiegele, nach welchen Begriffskombinationen andere Kunden im Zusammenhang mit zum Beispiel dem Begriff „H“ in der Vergangenheit bereits gesucht hätten. Ziel sei es dabei, dem Nutzer in Abhängigkeit von den von ihm schon eingetippten Buchstaben möglicherweise relevante Suchworte anzubieten, um ihm die Eingabe seines Suchbegriffs zu ersparen. Diese Funktion arbeite vollautomatisch. Sie, die Beklagte, könne hierbei nicht wissen, welche Begriffe der Nutzer eingebe. Die Bezeichnung „H“ sei in der Autovervollständigen-Funktion nicht als vordefinierter Suchbegriff enthalten. Die angezeigten vorgeschlagenen Suchwortkombinationen stünden auch in keinerlei Zusammenhang mit Produkten, die auf der Webseite der Beklagten angeboten würden. Erst wenn der Nutzer eine der vorgeschlagenen Suchwortkombinationen auswähle und anklicke, generiere ein erst dann tätig werdender Suchalgorithmus zu dem ausgewählten Suchwortvorschlag eine Trefferliste mit Produkten.

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Bezeichnung „H“ sei als Firmenbestandteil hinreichend unterscheidungskräftig und geeignet, schlagwortartig auf das Unternehmen der Klägerin hinzuweisen. Die Beklagte verwende den Begriff „H“ in den Suchwortvorschlägen auch markenmäßig. Bei unterdurchschnittlicher Kennzeichnungskraft, hoher Branchennähe und Zeichenidentität bestehe auch Verwechslungsgefahr. Die Beklagte entlaste nicht, dass die Suchwortvorschläge durch einen Algorithmus generiert würden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Beklagte weiter das Ziel der vollständigen Abweisung der Klage. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Vortrag. Insbesondere stützt sie sich darauf, dass die Zeichen „H“ und „H“ im Gesundheit- und Fitnesssektor üblicherweise beschreibend verwendet würden. Dementsprechend würde das DPMA die Zeichenfolge „H“ als Wortmarke grundsätzlich nicht eintragen, und zwar nicht einmal für Waren oder Dienstleistungen außerhalb des Bereichs von Sport oder Fitness. Das Landgericht habe ferner nicht berücksichtigt, dass auf der Seite B.de Fitness- bzw. Gesundheitsmatten einer kanadischen H LLC erhältlich seien. Ferner fehle es an einer kennzeichenmäßigen Benutzung, und es bestehe auch kein Bezug zu konkreten Waren. Diese würden erst angezeigt, wenn der Nutzer einen der Suchwortvorschläge auswähle; diese Trefferliste sei aber von der Klägerin ausdrücklich nicht beanstandet worden. Jedenfalls aber sei die Benutzung der Zeichen gemäß § 23 Nr. 2 MarkenG zulässig.

Außerdem wendet sich die Beklagte zu ihrer Verurteilung zur Auskunft. Es sei ihr bereits technisch unmöglich, zwischen Angeboten zur differenzieren, die aufgrund eines Suchwortvorschlages generiert worden wären, und solchen, bei denen der Nutzer das komplette Suchwort selber in die Suchmaske eingegeben habe. Ferner biete sie selber keine Produkte auf der Seite an; die Produkte würden entweder von Drittanbietern oder der B EU S.  r. l. angeboten.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Die Klägerin wendet sich insbesondere gegen die Ansicht der Beklagten, die Rechtsprechung zum so genannten „Keyword Advertising“ sei auf den vorliegenden Fall übertragbar. Zum Auskunftsanspruch rügt die Klägerin, die Beklagte versuche auf diese Weise Vortrag in das Verfahren einzuführen, den das Landgericht zutreffend als verspätet zurückgewiesen habe, da er nach Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt sei. In der Sache müsse die Beklagte als Betreiberin der Plattform wissen, welche Verkäufe zu welchen Bedingungen über diese Plattform erfolgt seien. Ergänzend weist die Klägerin darauf hin, dass ihr Anspruch jedenfalls aus § 5 UWG begründet sei.

Mit Schriftsatz vom 5. 4. 2016 hat die Klägerin vorgetragen, die Beklagte habe mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 14. 3. 2016 Auskunft erteilt, wobei jedoch Grund zu Annahme bestehe, dass diese nicht richtig und vollständig sei. Sie habe die Beklagte daher zur Nachbesserung oder zur Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit der erteilten Auskunft an Eides statt aufgefordert.

II.
Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

1. Ein Anspruch der Klägerin aus §§ 5 Abs. 2, 15 Abs. 2 MarkenG wegen der Verletzung ihrer geschäftlichen Bezeichnung „H“ besteht nicht.

a) Die Klägerin firmiert unter „H Gesundheit GmbH“. Sie stützt sich allerdings nicht auf den Schutz ihrer Firma nach § 5 Abs. 2 S. 1 MarkenG, sondern auf die Bezeichnung „H“ als Firmenschlagwort. Der vom Schutz des vollständigen Firmennamens abgeleitete Schutz für einen Teil einer Firmenbezeichnung als Unternehmenskennzeichen im Sinne des § 5 Abs. 2 MarkenG setzt voraus, dass es sich um einen unterscheidungskräftigen Firmenbestandteil handelt, der seiner Art nach im Vergleich zu den übrigen Firmenbestandteilen geeignet erscheint, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen durchzusetzen (BGH, GRUR 2013, 68 = WRP 2013, 61 Tz. 28 – Castell/VIN CASTELL; GRUR 2013, 628 Tz. 24 – Völkl). Einem als Firmenschlagwort verwendeten Firmenbestandteil kann kennzeichnungsrechtliche Unterscheidungskraft von Haus aus aber nur zugesprochen werden, wenn er geeignet ist, bei der Verwendung im Verkehr ohne weiteres als Name des Unternehmens zu wirken. Maßgebend dafür ist die Verkehrsauffassung, die sich im Wesentlichen auch daran orientiert, ob sich üblicherweise Handelsunternehmen in derartiger Weise namensmäßig zu bezeichnen pflegen. Sieht der Verkehr in der Verwendung der das Firmenschlagwort bildenden Begriffe der Art nach keinen namensmäßigen Hinweis auf ein Unternehmen, sondern lediglich eine Beschreibung des Unternehmens oder der von ihm hergestellten Produkte, fehlt die unternehmenskennzeichnende Unterscheidungskraft (BGH, WRP 1997, 446, 447 – COTTON LINE).

Der Bezeichnung kann „H“ zwar nicht jegliche Unterscheidungskraft in diesem Sinn abgesprochen werden. Auch wenn es sich bei „H“ und „H“ um gängige Wörter der englischen Alltagssprache handelt, wobei „H“ sogar Eingang in den deutschen Wortschatz gefunden hat, kann der Kombination „H H“ oder „H“ nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ist anzunehmen, wenn die Wortbestandteile einer Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt enthalten, der für das in Frage stehenden Unternehmen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht. Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die das Unternehmen selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht einen individuellen Herkunftshinweis sieht (vgl. BGH, GRUR 2014, 569 Tz. 14 – HOT).

Eine direkte Beschreibung einer Fußreflexzonenmassagematte kann in der Bezeichnung „H“ nicht gesehen werden. Es fehlt auch an einem hinreichend engen Bezug zu diesem Produkt, auch wenn die Bezeichnung einen beschreibenden Hinweis auf die Funktion des Produkts darstellt. Es kann auch nicht festgestellt werden, „H H“ werde (nur) als reiner Kaufappell verstanden werden. Ebenso wie der Wortfolge „for you“ kann „H H“ daher nicht jegliche Unterscheidungskraft für Gesundheitsprodukte oder auch eine Fußreflexzonenmassagematte abgesprochen werden (zu „for you“ vgl. BGH, GRUR 2015, 173 = WRP 2015, 195 Tz 24 ff.; mit dieser Entscheidung ist die von der Beklagten mehrfach zitierte Entscheidung des BPatG, GRUR 2014, 294 – for you, aufgehoben worden).

Infolge des beschreibenden Anklangs kann dem Schlagwort „H“ für ein Unternehmen, das Fußreflexzonenmassagematten vertreibt, aber nur schwache Kennzeichnungskraft zugesprochen werden. Ein in Alleinstellung kennzeichnungsschwacher Begriff ist aber nicht geeignet, sich als Kennzeichnungshinweis durchzusetzen (BGH, GRUR 2009, 772 Tz. 75 – Augsburger Puppenkiste). Auf der Grundlage der Entscheidung „Augsburger Puppenkiste“ bestehen daher erhebliche Zweifel, ob „H“ selbstständig schutzfähig ist. Für die aus zwei schwachen Bestandteilen, die beide den gleichen beschreibenden Inhalt aufweisen, bestehende Bezeichnung „H Gesundheit“ würde nichts anderes gelten.

Dies bedarf aber keiner abschließenden Entscheidung, da kennzeichenrechtliche Ansprüche der Klägerin bereits aus anderen Gründen scheitern.

b) Auch ein Anspruch aus § 15 Abs. 2 MarkenG wegen Verletzung einer Unternehmensbezeichnung setzt voraus, dass die Bezeichnung kennzeichenmäßig verwendet wird, was auch dann der Fall sein kann, wenn das angegriffene Zeichen als Marke oder zur Produktkennzeichnung benutzt wird (BGH, GRUR 2012, 635 Tz. 12 – Metro/Roller; Hacker, in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl. 2015, § 15 Rn. 18).

Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, die Bezeichnung werde lediglich im Rahmen der Suchfunktion verwendet, was keine eigene Benutzung des Zeichens darstelle. Anders als eine reine Suchmaschine, bei der das Schlüsselwort für Anzeigen von Drittunternehmen verwendet wird, mithin nicht zur Bewerbung eigener Waren oder Dienstleistungen des Suchmaschinenbetreibers eingesetzt wird, verwendet die Beklagte das Zeichen im Rahmen ihrer eigenen kommerziellen Kommunikation, da sie es zur Bewerbung der auf ihrer Plattform eingestellten Angebote einsetzt, die unter anderem auch von Unternehmen, die mit der Beklagten in einem Konzernverbund stehen, stammen (Senat, GRUR-RR 2016, 240, 241 – Trefferliste bei B).

Auch das Argument der Beklagten, sie habe auf die von der Klägerin beanstandeten Ergänzungsvorschläge keinen Einfluss, ist grundsätzlich nicht geeignet, sie zu entlasten. Die vorliegende Fragestellung ist vielmehr gleich zu bewerten mit derjenigen, die der Bundesgerichtshof hinsichtlich der automatischen Vervollständigung von Suchanfragen durch Google zu entscheiden hatte, die ebenfalls auf einer algorithmischen Auswertung früherer Nutzeranfragen aufbaut. Dort hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, den Vorschlägen werde der Nutzer nicht nur entnehmen, dass früher häufig vergleichbare Suchanfragen gestellt worden sind. Die Vorschläge würden vielmehr „in der – in der Praxis oft bestätigten – Erwartung, dass die mit dem Suchbegriff bereits verwandten Wortkombinationen – je häufiger desto eher – dem aktuell suchenden Internetnutzer hilfreich sein können, weil die zum Suchbegriff ergänzend angezeigten Wortkombinationen inhaltliche Bezüge widerspiegeln“, erstellt (BGHZ 197, 213 = GRUR 2013, 751 Tz. 16 – „Autocomplete“-Funktion). Die gleiche Logik liegt dem hier zu beurteilenden Algorithmus der Beklagten zu Grunde. Dementsprechend wird auch der Nutzer, dem entsprechende Suchwortvorschläge präsentiert werden, diese nicht nur als zufällige Zusammenstellung wahrnehmen, sondern als einen seitens der Beklagten nach sachlichen Kriterien zusammengestellten Vorschlag. Dementsprechend lassen sich auch die weiteren Überlegungen, mit denen der Bundesgerichtshof persönlichkeitsrechtsverletzende Aussagen, die durch die automatische Vervollständigung zu Stande kamen, Google zugerechnet hat, auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt übertragen:

„… (Die Bekl.) hat mit dem von ihr geschaffenen Computerprogramm das Nutzerverhalten ausgewertet und den Benutzern der Suchmaschine die entsprechenden Vorschläge unterbreitet. Die Verknüpfungen der Begriffe werden von der Suchmaschine der Bekl. und nicht von einem Dritten hergestellt. Sie werden von der Bekl. im Netz zum Abruf bereitgehalten und stammen deshalb unmittelbar von ihr“ (BGHZ 197, 213 = GRUR 2013, 751 Tz. 17 – „Autocomplete“-Funktion).

Für die auf die Suchanfrage des Benutzers hin generierten Trefferlisten hat der Senat diese Grundsätze entsprechend angewendet (GRUR-RR 2016, 240, 241 – Trefferliste bei B); im vorliegenden Fall sind sie sogar direkt anwendbar, da hier ebenfalls eine „Autovervollständigen“-Funktion zum Einsatz kommt.

Die für diesen Fall entscheidende Kernfrage ist daher, wie der Nutzer konkret den Suchwortvorschlag versteht. Entnimmt er ihm nur, dass es einen sachlichen Zusammenhang zwischen seiner Eingabe und den vorgeschlagenen Suchbegriffen („Y“ und „H gesundheitsmatte“) gibt, oder entnimmt er dem Vorschlag darüber hinaus die Information, dass auf der Plattform der Beklagten ein durch diese Begriffskombination bezeichnetes Produkt auch tatsächlich angeboten wird? In der zitierten Entscheidung zur Trefferliste hat der Senat die Rechtsverletzung darin gesehen, dass die – also solche nicht rechtswidrigen – Angebote auf die Eingabe des geschützten Zeichens des dortigen Anspruchstellers hin angezeigt worden sind, mithin gerade in der Verknüpfung zwischen Eingabe des Zeichens und der Anzeige der Trefferliste (GRUR-RR 2016, 240, 241 – Trefferliste bei B). Der im vorliegenden Verfahren seitens der Klägerin geltend gemachte Rechtsverstoß liegt auf einer vorgelagerten Ebene, da hier die Klägerin ausdrücklich die Suchvorschläge, unabhängig von der daraufhin angezeigten Trefferliste, beanstandet. Sie hat daher folgerichtig in beiden Klageanträgen ausschließlich auf die Anlage K 3 und nicht auf die als Anlage K 4 vorgelegte Trefferliste Bezug genommen.

Für die Annahme, dass der Nutzer dem Vorschlag auch die weitergehende Information entnimmt, das durch die Vorschläge bezeichnete Produkt werde auch auf der Seite der Beklagten angeboten, spricht, dass ihm bewusst ist, dass es sich um eine reine seiteninterne Suchfunktion handelt, die im Ergebnis nur zu solchen Angeboten führt, die entweder seitens eines B-Unternehmens oder eines auf dem „B N“ aktiven Unternehmens eingestellt worden sind, nicht aber auf Seiten von B unabhängiger Drittanbieter.

Gegen die Annahme, dass der Nutzer bereits allein aufgrund des Ergänzungsvorschlages davon ausgeht, das Produkt werde auf der Plattform der Beklagten angeboten, spricht die Überlegung, dass die Verwendung einer Marke, um den Internetnutzern Alternativen zu den Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers vorzuschlagen, als solche nicht zu beanstanden ist und insbesondere keine Beeinträchtigung der Werbefunktion der Marke darstellt (EuGH, GRUR 2011, 1124 Tz. 57 f. – Interflora; vgl. BGH, GRUR 2013, 104 Tz. 23 – Beate Uhse). Daraus lässt sich ableiten, dass die Klägerin der Beklagten nicht jegliche Verwendung ihrer geschützten Unternehmensbezeichnung verwehren darf, um auf Alternativen zu den Produkten der Klägerin hinzuweisen. Die Beklagte darf das Zeichen nur nicht so benutzen, dass eine Verwechslungsgefahr besteht. Der Schutz einer bekannten Bezeichnung gegen Rufausnutzung ist hier nicht zu prüfen, da es sich bei der Bezeichnung der Klägerin nicht um eine bekannte Bezeichnung im Sinn des § 15 Abs. 3 MarkenG handelt. Aber selbst in diesem Fall kann der Zeicheninhaber nicht jede Verwendung seines Zeichens untersagen, um auf Konkurrenzprodukte als Alternative zu seinen Produkten hinzuweisen (BGH a. a. O.).

Ebenfalls ist zu berücksichtigen, dass der Nutzer sich zunächst aktiv für eines der vorgeschlagenen Suchworte entscheiden muss, ehe er zu der Trefferliste gelangt. Dies ist zwar bei einer aufgrund der Eingabe eines „Keywords“ angezeigten Anzeige nicht anders, da auch dort der Nutzer sich dazu entschließen muss, diese konkrete Anzeige auszuwählen und dem in ihr enthaltenen Verweis auf den Werbetreibenden zu folgen. Bei der Anzeige steht aber die Verbindung zwischen ihr und dem Angebot des Werbetreibenden fest; im vorliegenden Fall ist dies nach dem Vortrag der Beklagten anders: Die Trefferliste wird erst nach Auswahl des Suchwortes generiert. Dies ist auch nachvollziehbar, da die Trefferliste auf jeden Fall erzeugt werden muss, unabhängig davon, ob der Nutzer von den vorgeschlagenen Suchworten Gebrauch macht oder nach einer eigenen Eingabe sucht. Der Vervollständigungsvorschlag und die Erzeugung der Trefferliste sind daher zwei technisch getrennte Sachverhalte, und im Fall der Trefferliste hat der Senat die Rechtsverletzung gerade in der Verbindung zwischen Suchworteingabe und Erzeugung der Trefferliste gesehen (Senat, GRUR-RR 2016, 240, 241 – Trefferliste bei B).

Es lässt sich daher nicht feststellen, dass der angesprochene Nutzer die Suchwortvorschläge bereits dahingehend verstehen wird, dass er auf der Seite der Beklagten auch tatsächlich die entsprechenden Produkte vorfinden wird. Soweit das Landgericht argumentiert hat, es sei der Beklagten zuzumuten, am Anfang der Suchergebnisse einen Hinweis anzuzeigen wie etwa „Ihre Suche ergab keinen Treffer. Folgende Produkte könnten Sie dennoch interessieren…“ so ist dies zutreffend, wie der Senat in der zitierten Entscheidung ausgesprochen hat. Die Klägerin hat jedoch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch einmal klargestellt, dass sie nicht den fehlenden Hinweis zu Beginn der Trefferlisten, wie sie beispielhaft als Anlage K 4 vorgelegt worden sind, beanstandet hat, sondern die vorgelagerten Suchwortvorschläge. Zu diesem Zeitpunkt hat der Nutzer jedoch noch keine eigene Suchanfrage gestellt; dies geschieht erst, wenn er die Suchfunktion – sei es mit den vorgeschlagenen Begriffen, sei es mit eigenen Begriffen – startet. Erst durch die ihm anschließend angebotenen Produkte erfolgt eine Verknüpfung zwischen dem geschützten Zeichen und dem konkreten Angebot einer Ware. Aus diesem Grund kann die Klägerin sich auch nicht auf die von ihr vorgelegte Entscheidung des britischen High Court (Chancery Division) ([2014] EWHC 181 (Ch), Anlage K 13) stützen, da dort, soweit ersichtlich, die Kombination von Suchwortvorschlägen und Trefferlisten beanstandet worden ist (vgl. Tz. 67 f. der Entscheidung).

In die gleiche Richtung deutet auch die Entscheidung des OLG Hamburg „Elitepartner“ (GRUR 2014, 490 f.). Das OLG Hamburg hatte dort über den Fall zu entscheiden, dass bei der Eingabe eines geschützten Zeichens als Suchwort in der Suchfunktion des „Apple App-Store“ das Produkt eines Mitbewerbers noch vor dem Produkt des Zeicheninhabers angezeigt wurde. Das OLG Hamburg hat zeichenrechtliche Ansprüche unter anderem mit der Erwägung abgelehnt, dass das dort verwendete Zeichen („Elitepartner“) aus glatt beschreibenden Bestandteilen bestand, die auch in ihrer Kombination nicht frei von beschreibenden Anteilen seien. Im vorliegenden Fall kann das Zeichen „H“ zwar nicht als glatt beschreibend bewertet werden. Andererseits sind jedenfalls die von der Klägerin beanstandeten, vorgeschlagenen Ergänzungsbegriffe wie „Matte“, „Gesundheitsmatte“, „Fußreflexzonenmassagematte“, „original“ und „aus der Schweiz“ jeweils glatt beschreibend, so dass ihre Verwendung der Beklagten nicht allgemein untersagt werden kann.

2. Ein Anspruch aus § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, Abs. 2 UWG scheidet ebenfalls aus. Das Landgericht hat über diesen hilfsweise geltend gemachten Anspruch, aus seiner Sicht zu Recht, nicht entschieden. Er ist aber auch ohne eine Anschlussberufung der Klägerin in der Berufungsinstanz mit angefallen (BGH, NJW-RR 2005, 220 = MDR 2005, 162).

Der Anspruch würde voraussetzen, dass durch die Suchwortvorschläge die Gefahr einer Irreführung über die betriebliche Herkunft der von der Beklagten angebotenen Produkte oder eine Verwechslungsgefahr hinsichtlich der geschäftlichen Bezeichnung „H“ hervorgerufen wird. Hier ist im Ergebnis die gleiche Frage zu beantworten wie oben unter II. 1 b: Versteht der Internetnutzer den Suchwortvorschlag dahingehend, dass über die Plattform der Beklagten die Produkte der Klägerin vertrieben werden, oder nur dahin, dass dort vergleichbare Produkte von Mitbewerbern angeboten werden? Auch hier ist wieder zu berücksichtigen, dass es grundsätzlich zulässig ist, wenn die Beklagte auf Konkurrenzprodukte unter Nennung der geschützten Bezeichnung der Klägerin hinweist (vgl. BGH, GRUR 2015, 1136 = WRP 2015, 1336 Tz. 20 ff. – Staubsaugerbeutel im Internet). Vor diesem Hintergrund kann eine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise nicht angenommen werden.

3. Der Auskunftsanspruch folgt dem Unterlassungsanspruch.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Ob es zeichen- oder wettbewerbsrechtlich zu beanstanden ist, wenn ein Plattformbetreiber Suchanfragen auf seiner Plattform automatisiert auswertet, und in den automatisch generierten Ergebnissen geschützte Zeichen verwendet werden, obwohl die Produkte des Zeicheninhabers auf der Plattform nicht angeboten werden, ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 35.0000 EUR festgesetzt. Der Senat hat den Streitwert im Hinblick auf den auf § 5 UWG gestützten Hilfsantrag, über den mit zu entscheiden war, angemessen erhöht (§ 45 Abs. 1 S. 2 GKG).