Anforderungen an vertragliche Bestimmtheit von SEO-Optimierungsleistungen
Leitsatz
Anforderungen an vertragliche Bestimmtheit von SEO-Optimierungsleistungen
Tenor
In dem Rechtsstreit (...) hat das Amtsgericht Hameln auf die mündliche Verhandlung vom 21.06.2017 durch (...) für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Sachverhalt
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Rückzahlung des für die Erstellung einer Webseite geleisteten Lohnes.
Der Kläger erfragte bei der Beklagten im Sommer 2013 ein Angebot zur Erstellung einer Webseite., mittels der der Kläger die von ihm angebotenen Kurse zur Weiterqualifizierung für Berufskraftfahrer vertreiben wollte. Die Beklagte unterbreitete dem Kläger mit Schreiben vom 23.07.2016 ein Angebot zu einem Preis von 1.804,04 €/brutto, das unter anderem die Verwendung des Content-Management-System Joomla 2.5, eine Optimierung für Smartphone und Päd sowie die Vektorisierung eines vorhandenen Logos beinhaltete (Bl. 5-7 Bd. I d. A.).
Der Kläger nahm das Angebot am 24.07.2013 an und leistete eine Anzahl in Höhe von 541,21 €. Das Angebot sah vor, dass die Webseite binnen 14 Tagen fertiggestellt werde.
Am 05.08.2013 sagte die Beklagte die Fertigstellung der Webseite in etwa 2 Wochen zu (Bl. 262 Bd. II d. A.). Am 05.09.2013 wandte sich der Kläger an die Beklagte, bat um Fertigstellung der Webseite und setze unter Androhung des Rücktritts vom Vertrag hierfür eine Frist bis zum 13.09.2013 (Bl. 267 Bd. II d. A.). Am 05.09.2013 sagte die Beklagte die Fertigstellung der Webseite in der laufenden Woche zu (Bl. 268 Bd. II d. A.). Am 23.09.2013 sagte die Beklagte dann die Fertigstellung der Webseite bis zum 04.10.2013 zu (Bl. 275 Bd. II d. A.).
Am 10.10.2013 teilte die Beklagte dem Kläger die Fertigstellung der Webseite mit und gewährte dem Kläger die Möglichkeit der Abstimmung über die letztendliche Gestaltung. Gleichzeitig rechnete die Beklagte mit dem Kläger ab, wobei die Beklagte wie zuvor vereinbart dem Kläger 20 % Rabatt einräumte. Hieraus zahlte der Kläger am 11.10.2013 den noch offenen Anteil von 1.443,24 € in Höhe von 902,03 € an die Beklagte zahlte (Bl. 111, 113 f. Bd. I d. A.). Der Kläger beglich die Rechnung, da dies Voraussetzung für die Freischaltung der Webseite war.
Mit Schreiben vom 12.11.2013 monierte der Kläger gegenüber der Beklagten die aus seiner Sicht bestehenden Mängel wie folgt und setzte eine Frist zur Fertigstellung der Webseite bis zum 20.11.2013 (Bl. 113 Bd. I d. A.):
- Der Code wurde nicht eingefügt
- Der „Danke Code" auf der Verkaufsseite wurde nicht eingefügt
- Die Galerie ist schlechter als vor dem Providerwechsel
- Seo gibt es nicht, weder Metatags noch Seitentitel, noch Überschriften, weder sonst etwas.
- Die Bilder wurde nicht eingebaut
- Das logo wurde nicht geändert (Extra-Preis)
- Die gewünschten Seiten wurde nicht geändert
- Die Buttons wurden nicht geändert etc.
Mit Schreiben vom 30.12.2013 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten den Rücktritt vom Vertrag und forderte die Beklagte erfolglos zur Rückzahlung des gezahlten Betrages bis zum 10.01.2014 auf.
Der Kläger behauptet, dass die Webseite nicht funktioniere und die mit Schreiben vom 20.11.2013 monierten Mängel nicht behoben worden seien. Zudem behauptet er dass die Webseite nicht für die Anwendung auf Smartphones und Päd optimiert sei und die Vektorisie-rung des Logos sowie eine Dankesformel fehlen.
Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilten, an den Kläger 1.443,24 € nebst Zinsen in Höhe von 8-Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.01.2014 sowie außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 112,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit der Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet die Webseite entsprechend des abgeschlossenen Vertrages fertiggestellt zu haben.
Mit Beschluss vom 21.11.2014 beauftragte das Gericht einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens über das Vorliegen etwaiger Mängel an der Webseite (Bl. 116 f. Bd. Id. A.).
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage ist als unbegründet abzuweisen.
1. Die Klage war auch nach Eintragung der Auflösung der Beklagten in das Handelsregister am 26.05.2016 (Bl. 337 Bd. II d. A.) nicht aufgrund eines etwaigen Verlustes der Parteifähigkeit der Beklagten unzulässig geworden. Denn letztere hat ihre Parteifähigkeit durch die Eintragung oder den zuvor hierzu ergangenen Beschluss nicht verloren. Die Parteifähigkeit endet erst mit Vollbeendigung der Abwicklung, die hier noch nicht eingetreten ist (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 11.11.2016, Az.: 6 U 51/15).
2. Die Klage ist unbegründet, da dem Kläger, soweit er den Rücktritt vom Vertrag erklärt hat, nicht zum Rücktritt berechtigt war.
Auf die Erstellung einer Webseite ist Werkvertragsrecht anzuwenden. Mithin bestimmt sich das Rücktrittsrecht bei Mängeln nach §§ 634 Nr. 3, 636, 323 BGB. Voraussetzung für die Ausübung des Rücktrittsrechts ist, dass der Besteller, hier der Kläger, bei Vorliegen eines Mangels den Unternehmer, hier die Beklagte, mit Fristsetzung zur Behebung dieses Mangels unter Benennung desselbigen aufgefordert hat.
Demnach kann sich ein Rücktrittsrecht nur aus Mängeln ergeben, die der Kläger gegenüber der Beklagten angezeigt und deren Behebung er unter Fristsetzung eingefordert hat, § 323 Abs. 1 BGB. Hier zeigte der Kläger mit Schreiben vom 20.11.2013 gegenüber der Beklagten Mängel an und forderte unter Fristsetzung deren Behebung ein (Bl. 113 Bd. Id. A.). Die vom Kläger angezeigten Mängel müssten überdies auch Mängel im Hinblick auf das zu erstellende Werk, die Webseite, sein. In welchem Umfang die von der Beklagten zu erstellenden Webseite mangelhaft war, bestimmt sich nach den getroffenen Vereinbarungen zwischen den Parteien, hier dem Werkvertrag vom 24.07.2013.
a) Die Erklärung des Klägers vom 20.11.2013 ist zumindest eindeutig zu entnehmen, dass der Kläger das Fehlen einer Dankesformel („Danke Code'') und einer Suchmaschinenoptimierung anzeigt und insoweit von der Beklagten Nacherfüllung bis zum 20.11.2013 fordert. Auch wenn ersteres nicht ausdrücklich vertraglich vereinbart wurde, ist zumindest davon auszugehen, dass eine solche Funktion bei einer für den Verkauf von Kursen anzulegenden Webseite mit zur vertraglich geschuldeten Leistung zählt, § 633 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB, Dass diese Formel auch tatsächlich fehlt, ergibt sich aus dem Sachverständigengutachten des mit Beschluss vom 21.11.2014 bestellten Sachverständigen. Dieser hat überzeugend ausgeführt, dass diese Formel bislang bei der von ihm zu untersuchenden Webseite nach Abschluss eines Bestellvorganges nicht vorhanden war. Das Gericht schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen an.
Soweit der Kläger das Fehlen einer Suchmaschinenoptimierung bemängelt hat, ist diese zumindest ausdrücklich vertraglich vereinbart worden. Gleichwohl fehlt es hier nach Auffassung des Gerichts an einer ausreichend konkreten Vereinbarung über die Beschaffenheit der Webseite hinsichtlich der Suchmaschinenoptimierung, § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB. Wie der Sachverständige zur Überzeugung des Gerichts ausführte, ist die Suchmaschinenoptimierung als solche nicht vereinbar, da diese zunächst voraussetzt, dass die Vorgaben für die Optimierung, mithin die Programmierung der Suchmaschine, bekannt sei, was aber nicht der Fall ist. Lediglich konkrete Maßnahmen, die der Suchmaschinenoptimierung dienten, seien vereinbar.
Im Übrigen lässt die Erklärung des Klägers vom 20.11.2013 eine eindeutige Benennung von Mängeln erkennen, die eine Pflicht zu Beseitigung auslösen könnten. Die Monierungen „Der Code wurde nicht eingefügt; Die Galerie ist schlechter als vor dem Providerwechsel; Die Bilder wurde nicht eingebaut; Das logo wurde nicht geändert (Extra-Preis); Die gewünschten Seiten wurde nicht geändert; Die Buttons wurden nicht geändert etc." genügen einer Mängelanzeige nicht, da sie nach dem objektiven Empfängerhorizont jeweils nicht genau erkennen lassen, welche konkrete Leistung aus dem Werkvertrag bezogen auf die zu erstellende Webseite zu erbringen ist bzw. noch nicht erbracht wurde. Soweit bezüglich des Logos vertraglich eine Vektorisierung vereinbart wurde, ist aus dem Schreiben nicht erkennbar, ob diese vertraglich vereinbarte Leistung gemeint ist, zumal aufgrund des Zusatzes „Extra-Preis" aus Sicht
der Beklagten eine außervertragliche Zusatzleistung gefordert wurde. Andernfalls würde eine gesonderte Vergütung keinen Sinn ergeben.
Soweit der Beklagte insgesamt mit seinem Schreiben vom 20.11.2013 die Fertigstellung der Webseite anmahnte und hierzu eine Frist setzte, fehlt es an einem Mangel i. S. d. § 633 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen, dem sich das Gericht anschließt, funktioniert die zu erstellende Webseite sowohl für den Anbieter als auch die Kunden des Anbieters einwandfrei. Mithin eignet sich die Webseite für die vom Vertrag vorausgesetzte Verwendung.
Auch wenn der Kläger weitere Mängel vorträgt, wie etwa die fehlende Optimierung für Smartphone und iPad und die Verwendung von Wordpress statt Joomla 2.5, stünde ihm aufgrund dieser Mängel, sofern sie vorliegen, kein Rücktrittsrecht zu. Denn er hat diese weder gegenüber der Beklagten angezeigt und diese zur Beseitigung dieser Mängel aufgefordert, noch vorgetragen, seine Kündigung stütze sich auf diese Mängel.
Im Übrigen steht dem Kläger auch kein Kündigungsrecht gem. § 323 Abs. 2 BGB zu. Ausgehend davon, dass die zu erstellende Webseite funktionsfähig war, ist kein Raum für ein Rücktrittsrecht gem. § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Denn es fehlt an Umständen, die eine Fristsetzung entbehrlich machen angesichts der Fertigstellung der Webseite vor Erklärung der Kündigung. Allein die verspätete Fertigstellung im Hinblick auf das Verstreichen der im September 2013 gesetzten Fristen berechtigte den Kläger als solche nicht zum Rücktritt. Der Kläger hat vielmehr die Verspätung zum Anlass genommen, sich mit der Beklagten auf einen Rabatt von 20 % zu einigen und hat anschließend die insoweit erfolgte Verzögerung akzeptiert, weshalb ihm eine Rücktrittsrecht für diese Verzögerung ohnehin nicht mehr zustand, § 242 BGB.
b) Der mit Schreiben vom 20.11.2013 angezeigten Mangels bezüglich der fehlenden Dankesformel berechtigt den Kläger allerdings nicht zu einem Rücktritt, § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB. Die vorgenannte Regelung ist auf die vorliegende Programmierleistung anzuwenden.
Soweit teilweise vertreten wird, dass diese Regelung lediglich auf quantitative Teilleistungen, nicht aber auf qualitative Teilleistung anzuwenden sei, kann die Streitentscheidung hier dahinstehen (vgl. Palandt, BGB, 76. Aufl. 2017, § 323 Rn. 24). Denn bei der hiergeschuldeten Programmierleistung handelt es sich um eine einzelne von mehreren einzelnen Teilleistungen, die für die verschiedenen Funktionen der Webseite insgesamt erforderlich sind.
Hier hat die Beklagte mit dem Erstellen der funktionsfähigen Webseite im Übrigen den wesentlichen Teil des Werkes erbracht. Gründe für einen Interessenwegfall nach § 323 Abs. 5 S. 1 BGB sind nicht gegeben. Denn dieser liegt nur vor, wenn der Beklagte an dem eingeschränkten Leistungsaustausch nicht interessiert ist. Entscheidend ist, ob der Gläubiger kein Interesse mehr daran hat, die schon empfangene Teilleistung für eine entsprechend geminderte Gegenleistung zu erhalten, etwa weil seine konkreten Zwecke mit der Teilleistung auch nicht partiell verwirklicht werden können oder sich die fehlenden Teile nur mit erheblichem Aufwand beschaffen lassen. Das Interesse des Gläubigers muss durch die Teilung über die Entbehrung des vorenthaltenen Teils hinaus unverhältnismäßig beeinträchtigt sein. Dies kann hier angesichts der Tatsache, dass lediglich eine normale Programmierleistung zu erbringen ist, die nur einen kleinen Teil der Gesamtleistung ausmacht, nicht angenommen werden.
Es kommt insoweit auch nicht darauf an, dass der Kläger diese aufgrund der Verwendung von Wordpress nicht selbst ohne weiteres Erbringen könnte, sondern alleine darauf, dass er diese Leistung von einem anderen Anbieter erbringen lassen kann. Gleiches gilt für die im Übrigen vom Kläger vorgetragenen Mängel. Soweit der Kläger diese nicht moniert und die Beklagte nicht zur Beseitigung aufgefordert hat, haben diese hier unberücksichtigt zu bleiben, da der Beklagten andernfalls an einer Nacherfüllung gehindert wäre, § 634 BGB.
Die mit der Klage geltend gemachte Nebenforderung ist mangels Hauptforderung unbegründet.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
IV.
Der Streitwert wird auf 1.443,24 € festgesetzt.