Zeitung darf in Online-Archiv Meldung mit namentlicher Nennung eines Mörders bereit halten

Bundesgerichtshof

Urteil v. 01.02.2011 - Az.: VI ZR 345/09

Leitsatz

Ein wegen Mordes Verurteilter muss es hinnehmen, dass über ihn in einer älteren Pressemeldung namentlich berichtet wird. Dies gilt zumindest dann, wenn der Mord aufgrund der Schwere der Tat und der Bekanntheit des Opfers großes Aufsehen erregt hat und der Zeitungsbericht neutral und sachlich formuliert ist. In derartigen Fällen darf die Zeitung diesen Bericht in ihrem Online-Archiv zum Abruf bereit halten.

Sachverhalt

Bei dem Kläger handelte es sich um einen Straftäter, der in der Vergangenheit zusammen mit seinem Halbbruder einen bekannten deutschen Schauspieler ermordet hatte. Im Jahr 2008 wurde er aus der Haft entlassen. Die Beklagte, eine Zeitung, hatte bis Sommer 2008 eine ältere Zeitungsmeldung im Online-Archiv zum Abruf bereit gehalten, aus der hervorging, dass in dem Mord eine Wiederaufnahme des Verfahrens geprüft werden solle. Dabei wurde der Kläger namentlich genannt.

Hiergegen wandte sich der Kläger. Durch die namentliche Nennung sah er sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt. Ihm würde die Resozialisierung massiv erschwert werden. Es gebe keinen Grund mehr - auch Jahre später noch - dass die Meldung in dem Online-Archiv abrufbar sei. Ein öffentliches Interesse daran bestehe zumindest nicht mehr. Die Vorinstanzen gaben dem Kläger Recht. Daher legte die Beklagte Rechtsmittel ein.

Entscheidungsgründe

Das höchste deutsche Gericht gab den Beklagten Recht.

In der Begründung führte es aus, dass dem Kläger kein Unterlassungsanspruch zustehe, weil die Beklagte durch das Bereithalten der Pressemeldung im Online-Archiv nicht das Allgemeine Persönlichkeitsrecht verletze.

Im Rahmen einer Abwägung sei das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und das Recht auf freie Meinungsäußerung schwerer zu gewichten als das Interesse des Klägers, nicht namentlich genannt zu werden. Zwar bestehe durch die Nennung die Gefahr, dass der Kläger Schwierigkeiten bei seiner Resozialisierung ausgesetzt sei. Jedoch sei diese Gefahr hier als gering einzustufen.

Der Bericht sei neutral und sachlich formuliert gewesen und habe die Öffentlichkeit lediglich darüber informiert, dass das Gericht eine Wiederaufnahme prüfe. Darüber habe es sich um eine schwere Straftat gehandelt, dessen Opfer eine in Deutschland sehr bekannte Persönlichkeit gewesen sei. Insofern bestehe nach wie vor ein großes öffentliches Informationsinteresse.